Eine Schwefelmine im Krater eines aktiven Vulkans? Des Nachts blau brennende Schwefelgase? Und dazu ein See mit einer Farbe wie aus dem Tuschkasten? Auf geht’s zum Kawah Ijen!
Mit dabei sind Jessica und Daniel, die wir in unserem schönen Homestay in Pemuteran kennen gelernt haben. Eigentlich waren die beiden auf dem Weg zum Bromo, aber wer würde bei obiger Beschreibung nicht spontan all seine Reisepläne über den Haufen werfen…?
Mit dem Bemo geht es nach einem letzten Frühstück auf dem Garagendach (hört sich nicht schön an, war es aber!) bis nach Gilimanuk. Von dort aus nehmen wir die Fähre nach Banyuwangi auf Java und sind auch schon fast am Ziel – aber auch am Ende des öffentlichen Nahverkehrs – angekommen. Wir finden einen Fahrer, der uns nach Pos Paltuding zum Fuße des Ijen Kraters bringt und bei den (eher moderaten) Steigungen fast seinen Motor ruiniert. Untertourig nehmen wir bei keinem der Hänge Anlauf, sondern stoppen mitten auf dem Hang nur um dann mit heulendem Motor den nächsten Abschnitt zu bezwingen. Zwischendurch stehen wir allesamt im Dschungel und lassen den Motor ein wenig verschnaufen. Endlich in Pos Patulding angekommen, sind auf einmal doch keine Zimmer verfügbar, so wie unser Fahrer uns noch in Banyuwangi nach einem Telefonat versichert hatte. Es scheint überhaupt auch nur ein einziges Zimmer zu geben, was für vier Personen ja ohnehin ein bisschen wenig gewesen wäre. Und da dort schon ein Franzose Stellung bezogen hat, stellt sich gar nicht die Frage, wer den Luxus der dünnen Matratze hätte genießen dürfen. Wir ziehen kurzerhand nebenan ins Klassenzimmer!
Über Platzmangel können wir uns nicht beklagen – außer einem Schreibtisch ist der Raum komplett leer. Nichts, was die Aussicht auf den schlecht präparierten Hirschkopf oder die farblich wundervoll auf dem Teppich abgestimmten Wände behindern würde!
So schön diese Aussicht auch zu genießen sein mag, desto schöner ist sicher das Grün des Kratersees! Wir laden also unsere Rucksäcke ab und machen uns direkt auf den Weg zum Vulkan. Unterwegs kommen uns die Minenarbeiter mit Körben voller Schwefel entgegen.
Eineinhalb Stunden später sehen wir ihn dann, den Säuresee:
Die Schwefelmine selbst ist durch den nach faulen Eiern riechenden Dampf kaum auszumachen. Als der Wind dann dreht, können wir den Schwefel am Füße des Kraters direkt am See erkennen.
Wir haben gelesen, dass die Männer zwischen 75 und 90 Kilogramm Schwefel auf ihren Schultern tragen. Zunächst 300 Meter aus dem Krater herauf, dann drei Kilometer abwärts.
Der hier gewonnene Schwefel wird von einer lokalen Zuckerfabrik aufgekauft, die ihn zum Weißen des Zuckers verwendet. Die ganze Arbeit nur um weißen Zucker zu haben?! Und warum wird der Schwefel hier eigentlich so mühsam abgebaut, wo er doch billiges Abfallprodukt vieler anderer Industriezweige ist? Weil es für die Zuckerfabrik immer noch günstiger ist, ihn von den Minenarbeitern zu kaufen… Ein Minenarbeiter verdient umgerechnet bis zu 10€ am Tag, wenn er es zweimal in den Krater schafft. In der Mine zu arbeiten, ist ein angesehener Job – die Männer gelten als besonders stark und können ihren Familien mit ihrem Gehalt ein kleines Haus bauen. Maurice bekommt die schweren Körbe kaum gehoben, unvorstellbar damit aus dem Krater und den ganzen Vulkan runter zu laufen! Dabei sind die meisten Minenarbeiter bloß so groß wie ich und dazu noch deutlich älter…
Während wir in unseren Schuhen mit gutem Profil auf dem Split öfters mal ins Rutschen kommen, laufen die Männer mit den schweren Körben auf den Schultern neben uns in Gummistiefeln, die häufig drei Nummern zu groß wirken. Gasmasken sehen wir fast keine und so wundert es nicht, dass viele unter Atembeschwerden leiden und früh Lungenkrankheiten bekommen. Dennoch ist man froh, in der Miene arbeiten zu können, da es in der Gegend kaum Jobs gibt und man deutlich besser verdient, als auf den umliegenden Kaffeeplantagen des Ijen Plateaus. Ein fader Beigeschmack bleibt – im wahrsten Sinne des Wortes…
Zurück im Klassenzimmer bereiten wir uns so gut es geht auf eine kurze, kalte Nacht vor. Als Matratze nutzen wir den guten alten, jedoch leider hauchdünnen Teppich, unsere Moskitonetze und Handtücher. Gekürt wird das ganze von Inlets, Schlafsäcken (wer welche hat… – Daniel und Jessica sind da leider weniger glücklich) und Regenhüllen. Gefüllt wir das ganze nach dem Abendbrot mit uns vieren. Die Rucksäcke sind so gut wie leer – wir tragen fast alles, was wir noch nicht als Unterlage oder Decke zurechtgelegt hatten.
Um 2 Uhr machen wir uns auf den Weg zurück zum Krater. Hier sehr ihr das, was Maurice von seinem Schlafplatz aus sah, sobald er die Augen öffnete. Sagen wir mal so: da wird man schnell wach!
Blue Fire nennen die Minenarbeiter die bis zu 600 C Grad heißen und bis zu fünf Meter hoch schießenden Flammen der brennenden Schwefelgase. Ein größeres blaues Flammenmeer soll es weltweit nirgends geben. Um dieses Schauspiel zu sehen, sind wir auch bereit früh aufzustehen. Und weil wir schon komplett angezogen sind und direkt am Fuße des Vulkans schlafen, können wir viel länger im „Bett“ bleiben, als die anderen Schaulustigen. Wenn das nichts ist! Ausgerüstet mit den abends ausgeliehenen Gasmasken stampfen wir also 12 Stunden später erneut den Hang hinauf. Während wir auf das Licht unserer Stirnlampen angewiesen sind, gehen die meisten Minenarbeiter den Weg im Dunkeln. Unglaublich!
Im Krater angekommen, sind wir dankbar unsere Gasmasken zu haben. Auch mit Gasmaske spürt man ein leichtes Kratzen im Hals und wenn der Wind dreht und die Schwefelwolke in unsere Richtung schickt, brennen und tränen die Augen. Kaum einer der Touristen hat eine Gasmaske und ihre Guides erzählen ihnen, dass es auch gar nicht nötig sei. Erneut: unglaublich! Um uns herum ein einziges Gehuste…
Unglaublich waren auch die blauen Flammen. Mir fehlen die Worte, dass zu beschrieben, deswegen lassen wir einfach Bilder sprechen:
Die Schwefelgase werden aus einem Schlot durch Keramikrohre geleitet, in deren Verlauf sie kondensieren. Aus den Röhren tropft flüssiger roter Schwefel, der am Boden dann erst orange, dann gelb wird und erstarrt.
Zum Sonnenaufgang sind wir wieder aus dem Krater geklettert…
Was dich interessieren könnte:
Wie kommt man ohne Tour zum und auf den Kawah Ijen?
- Die meisten besuchen den Vulkan als Teil einer auch den Bromo umfassenden Tour. Man kommt aber auch gut ohne Minibus und Guide ans Ziel!
- Von Gilimanuk auf Bali aus fahren die Fähren alle 30 Minuten bis nach Banyuwangi auf Bali (24 Stunden lang, ca. 1 Stunde Fahrt für 8000 INR)
- Von Banyuwangi aus fahren leider keine Bemos zum Ijen. Für 400000 INR bekommt man ein Auto mit Fahrer. Ist man allein oder nur zu zweit könnte ein Ojek oder ein selbst gemieteter Roller die günstigere Lösung sein.
- Pos Paltuding liegt direkt am Startpunkt des Treks, bietet aber nur begrenzt Schlafmöglichkeiten – zu dem Zeitpunkt, als wir da waren, genau ein Zimmer und Platz für selbst mitgebrachte Zelte. Ein neues Gebäude ist fast fertig gestellt, was vermutlich mehr Zimmer bieten wird. Für unser Klassenzimmer haben wir zu viert 100000 INR gezahlt. Das wohl günstigste Zimmer unserer Reise und nicht gerade komfortabel, aber für die paar Stunden okay. In der Küche des Warungs gegenüber kann man sich bei Bedarf ans Feuer setzen.
- Empfohlen werden auch das Arabica oder Catimor Homestay, die in der Nähe sein sollen. Von dort aus kann man wohl einen Fahrer organisieren, der einen zum Krater bringt.
- Auch wenn einem Guides und manche Touristen etwas anderes erzählen – wir finden: man benötigt unbedingt eine Gasmaske, um die blauen Flammen zu sehen! Die eigene Gesundheit sollte es einem Wert sein… Der Besitzer des Warungs gegenüber des Klassenzimmers verleiht gute Masken mit frischen Filtern für 20000 INR.
- Der Weg zum Ijen rauf ist breit und einfach zu laufen. Ihr startet gegen 2 Uhr nachts, zahlt im Office die mittlerweile 150000 INR Nationalparkgebühr und marschiert los. Falls ihr unsicher seid, wartet ein bisschen, bis ihr einen Minenarbeiter oder andere Touristen seht. Nicht vergessen: Stirnlampe!
- Am Krater angekommen geht man auf einem breiten Grad, linksseitig liegt der Kratersee, den man jetzt allerdings noch nicht sehen kann. Nach ca. 100 Metern führt ein Weg in den Krater hinab. Dort kann man dann ohne Guide nicht weiter, es stehen aber immer Minenarbeiter bereit, die für ein wenig Geld und gern auch einen Keks oder eine Zigarette obendrauf als Guide fungieren.
- Der Aufstieg dauert ca. 1 1/2 bis 2 Stunden – je nachdem wie fit ihr seid. Runter in den Krater ist es sicher auch noch einmal eine halbe Stunde. Der Weg hinab ist deutlich anspruchsvoller, sehr holprig und immer am Abgrund entlang.
- Nächster Schritt: das Flammenmeer und später den Sonnenaufgang bewundern.
- Wieder in Pos Paltuding angekommen sollte es kein Problem sein, eine Mitfahrgelegenheit nach Bondowoso oder Banyuwangi zu finden (beides ca. 100000 INR / Person). Die Touranbieter haben oft ein, zwei Plätzchen frei und verdienen sich gerne etwas dazu.
Viel Spaß!