Shiraz & Persepolis

Nach einer unruhigen Nacht im Bus kommen wir im wahrsten Sinne des Wortes etwas gerädert in Shiraz an und sind Ali mehr als dankbar, dass er den Super Deluxe Bus für uns rausgesucht hat. Wenn das Super Deluxe war, womit wären wir wohl sonst gereist? Es gab zwar eine Fußlehne, doch insgesamt hatte unser (von außen betrachtet einem Space Taxi ähnelnde) Bus wenig mit dem Komfort der Sleeper Busse, die wir aus Vietnam gewöhnt waren, zu tun.

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Wir erkunden Shiraz und seine Sehenswürdigkeiten zu Fuß, was bei den Einheimischen angesichts der 45° C Grad auf eine Mischung aus Verwunderung, Belustigung und Verwunderung über die verrückten Deutschen stößt. Am Abend sind wir zufällig zur Iftar auf dem Bazar und bekommen zum ersten Mal mit, wie die Iraner das Ende des Fastentages feiern. Die Stimmung ist ausgelassen, jedermann hat irgendeine Leckerei zur Hand und wo man hinschaut wird gegessen und getrunken. Viele Händler verteilen heißes Rosenwasser und Datteln an die Passanten und ja, man kann es fast so sagen: es wird zusammen gefeiert! Natürlich ohne Tanz…

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Auf dem Heimweg kommen wir am Fort mit einem netten, älteren Herren ins Gespräch. Wir sprechen mit unglaublich vielen Leuten, doch tiefergehende Gespräche entstehen eher selten, da die meisten nicht sehr gut Englisch und wir noch viel schlechter Farsi sprechen. Diesmal ist es anders: Herr B. ist vor Jahren nach Europa geflüchtet, da er aufgrund seiner von der ‚iranischen CIA’ aufgedeckten Religion im Iran keinen Job mehr bekam. Er lädt uns auf einen Tee zu seiner Familie ein, wo wir den Rest des Abends in großer Runde auf Teppichen im Innenhof verbringen. Es wird Shisha geraucht, es gibt Unmengen an Obst aus eigenem Anbau und schwarzem Tee, der in dieser Region zum Trinken in Schluck für Schluck in die Untertasse geschüttet wird. Das Highlight für uns: die Trauben! Wenn schon kein Wein, dann doch das Ausgangsprodukt! Die Trauben sind viel kleiner als die deutschen, unglaublich dicht beieinander und tatsächlich: sehr, sehr köstlich! Wir kosten auch Faludeh – persisches Glasnudeleis, das in und um Shiraz ganz besonders schmackhaft sein soll. Unser Fall ist es nicht so… Die Kinder bringen uns Farsi bei und mit den Erwachsenen sprechen wir über das Leben in Europa und dem Iran. Über ihre Religion der Bahai trauen sich unsere Gastgeber nicht zu sprechen. Das wenige, was wir erfahren, wird uns zugeflüstert und wir müssen versprechen erst wenn wir den Iran verlassen haben, danach zu googeln oder gar darüber zu schreiben. Es ist bereits nach Mitternacht, als wir uns – mit dem Versprechen am nächsten Tag aus dem Hotel aus zu checken und zum Mittagessen vorbeizukommen, um danach zur Schwester des Herrn B. zu ziehen – verabschieden und auf den Heimweg machen. Und so bekommen wir wieder nur eine kleine Mütze Schlaf, bevor es am nächsten Morgen nach Persepolis geht. Wir wollen vor den Touristenmassen und vor allem vor der Hitze da sein!

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Gesagt, getan: bald stehen wir vor dieser unglaublichen Kulisse! Um uns herum tatsächlich kaum andere Kulturbegeisterte – was allerdings nicht an der frühen Uhrzeit, sondern an der Hitze liegt, wie sich später herausstellt. Die vielen Besucher, auf die Restaurants, Parkplätze etc. ausgelegt sind, finden sich nämlich auch zu Mittag, als wir uns auf den Heimweg machen, nicht ein. Hochsommer und Ramadan? Da kommen wohl nur Europäer auf die Idee, sich auf den Weg nach Persepolis zu machen… Auf dem Gelände sehen wir ein weiteres Pärchen, ein paar Asiaten und eine iranische Familie, die sich schnell einmal umschaut und dann wieder verschwindet. Wir sind schwer beeindruckt, was Menschen bereits 330 v. Chr. bauen konnten und ich merke, wie ich Alexander dem Großen, der das ganze niederbrannte und plünderte, ein bisschen böse werde, nicht mehr alles sehen zu können. Aber gut, es soll ja eine Rache an den Achämeniden wegen der Zerstörung von Akropolis gewesen sein…

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Mit Maria und ihrem Naqsh-e Rostam und Naqsh-e Rajab zu fahren. Die beiden sind 65 bzw. 67 Jahre und mit dem Rucksack von der Schweiz aus auf dem Weg nach China. Wir sind schwer beeindruckt! Vor allem davon, dass die zwei in der Türkei mit ihrem schweren Gepäck 200km an der Küste entlang gewandert sind. Als wir uns schließlich auf den Heimweg machen, freuen Maurice und ich uns über die angenehme Fahrt im klimatisieren Auto – den Hinweg hatten wir mit einem ca. 40 Jahre alten Mercedes Minibus der öffentlichen Nahverkehrsbetriebe bestritten.

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Doch die Freude hält nicht lange an: es stinkt, es qualmt, unser Fahrer hat Probleme, das Auto auf der Spur zu halten und die Bremsen funktionieren offensichtlich auch nicht mehr so wie sie sollten… Alles geht zum Glück gut und wir landen unversehrt auf dem Seitenstreifen und kurze Zeit später: in einem ca. 40 Jahre alten Mercedes Minibus! Wir hoffen sehr, dass unser Fahrer nicht allzu lang in der prallen Sonne am Straßenrand auf den Abschleppdienst warten musste – wegen des Ramadans hatte er nicht mal etwas zu Trinken dabei…Viele ältere Iraner fuhren Kopfschüttelnd an uns vorbei, als wir mit Daumen hoch versuchten ein Auto anzuhalten. Wie wir später lernen sollten: hier früher das Zeichen für unseren Mittelfinger!

Zurück in Shiraz schultern wir schnell unsere Rucksäcke und checken aus, um noch einigermaßen pünktlich zum Mittagessen zu kommen. Nachmittags machen wir uns dann noch mit Schwester und Neffen des Herrn B. auf den Weg in den Bāgh-e Eram, dem botanischen Garten von Shiraz. Für unsere Gastgeber wunderschön, für uns ein weiterer Garten. Grün ist hier halt etwas besonderes… Während Maurice und Arien sich danach auf den Heimweg machen, geht es für mich in einen iranischen Friseursalon! Berber sieht man ja an jeder Ecke, aber wo und wie Frauen die Haare geschnitten werden? Herrn B.’s Schwester besitzt einen Salon und lässt mich Hinter die Kulissen schauen. Ich bin erstaunt wie freizügig die Damen gekleidet sind, sobald sie ihren Chador hinter dem Vorhang ablegen!

Am nächsten morgen machen wir uns bereits einen Tag früher als geplant auf den Weg nach Yazd. Zum einen weil wir in Shiraz bereits alles gesehen haben, aber auch weil wir unsicher sind, ob sich die erwachsenen Söhne der Schwester des Herrn B., die aufgrund unserer Anwesenheit in einem Zimmer schlafen müssen, so sehr über die Gäste freuen, wie die ältere Generation und wir nicht auf T’aarof, das persische ‚Höflichkeitsprinzip’, hereinfallen wollen.

Hier noch ein paar Eindrücke:

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