Unser erstes Ziel in Neuseeland wird das kleine Städtchen Gisborne sein. Gisborne? Wo liegt das denn? Und was wollt ihr da? Gute und berechtigte Fragen!
Gisborne liegt am östlichsten Zipfel Neuseelands, der sich ziemlich in der Mitte der Nordinsel befindet. Wir sind nun der Datumsgrenze nah und so ist Gisborne die erste Stadt auf der Welt, die jeden Morgen den Sonne aufgehen sieht. Obwohl sich Fidschi und Tonga noch näher an der Datumsgrenze befinden, ist in Gisborne die Sonne aufgrund der Bahnneigung der Erde eher zu sehen – so behauptet es zumindest Wikipedia. Liest man jedoch im englischen Artikel nach, sieht die Lage schon etwas komplizierter aus. Je nach Jahreszeit gab die Stadt den Titel an Fiji, Tonga bzw. Dunedin auf der Südinsel Neuseelands ab. Und das war auch nur so, bis Samoa sich 2011 entschied, einen Tag im Kalender auszulassen und entlang der Datumsgrenze gen Westen zu ziehen, um den Handel mit Neuseeland und Australien voran zu treiben. Sagt Wikipedia. Die Gisborner Tageszeitung behauptet, dass Gisborne den Titel im neuseeländischen Sommer (unserem Winter) weiterhin hält.
Wie dem auch sei – nun zur zweiten Frage. Was wollen wir dort eigentlich? Außer natürlich den Sonnenaufgang anzuschauen! Wir wollen erst einmal ankommen, mal wieder länger an einem Ort verweilen, selbst kochen, mit einer Waschmaschine waschen und uns ein paar organisatorischen Dingen widmen: Konten eröffnen, Bewerbungen schreiben und all den weiteren Kleinkram erledigen, der so anfällt, wenn man in länger in einem Land bleiben möchte. Christine, die seit ein paar Jahren in Auckland lebt und den ganz wunderbaren und sehr informativen Blog kiwifinch.com schreibt, hat nicht nur unser Paket mit den Trekkingsachen aus dem Himalaya für uns verwahrt, sondern uns auch auf die Idee mit dem House sitting gebracht. Und so sind wir schließlich in Gisborne gelandet! Ein älteres Pärchen hat hier jemanden gesucht, der sich während ihrer Abwesenheit um Haus, Hund und Garten kümmert. Die gewünschten House Sit Daten passten perfekt mit dem Ablauf unseres indonesischen Visums und dem Start unseres House Sits in Wellington über Weihnachten überein, so dass wir uns da einfach mal beworben haben. Es hat geklappt und so verschlägt es uns direkt zu Beginn unserer Zeit hier in eine der wenigen Gegenden Neuseelands, in die es kaum Touristen verschlägt. Warum? Denn schön ist es allemal! Der Weg hierher ist jedoch lang und fernab der üblichen Touristenrouten, so dass sich nur wenige die Zeit für diesen Abstecher nehmen. Und da es sich um eine Kleinstadt handelt, auf der einen Seite von grünen Hügeln und der anderen vom Meer begrenzt, gibt es auf Grund der eher begrenzten Nachfrage auch keine so günstigen Flüge. Das ist übrigens auch der Grund, warum wir neun Stunden im Bus verbringen werden, um unser Ziel zu erreichen…
Von Alor aus ging es für uns aber zunächst einmal zurück nach Kupang, wo wir unser Wiedersehen mit Edwin mit seinem von uns lang ersehnten Mie Goreng und natürlich nem Liter Kakao feiern. Am nächsten Morgen geht es weiter nach Bali, wo wir uns nach einem Monat gemeinsamen Reisens schweren Herzens von Sanja und Benedikt verabschieden, die ihren Flug nach Singapur im Eifer des Gefechts einen Tag früher als geplant gebucht haben, so dass aus der geplanten Shopping Tour nur ein kleiner Ausflug zu den lokalen Outlets wird. Die große Shoppingtour erledigen Maurice und ich dann am nächsten Tag, bevor wir uns des nachts auf den Weg zum Flughafen machen. Voller Vorfreude! Denn am nächsten Morgen werden wir Jan und Nina bei unserem Zwischenstopp in Sydney in die Arme fallen. Die beiden holen uns vom Flughafen ab und wir verbringen ein paar viel zu kurze Stunden mit einem Ausflug zum Bondi Beach, Tim Tam Slam und Christstollen (meinem Geburtstagsgeschenk), bevor sie uns wieder am Flughafen absetzen.
Am Flughafen will man uns fast nicht mit nach Neuseeland nehmen, da die Passnummer auf unserem Visum nicht mit unseren Pässen übereinstimmt. Das sagt uns jedoch niemand und so beobachten wir vier verdutzt geraume Zeit das treiben, bis es mir wie Schuppen von den Augen fällt! Mit welchem Pass hatten wir eigentlich das Visum beantragt? Mit dem anderen? Wir reisen mit jeweils zwei paar Pässen, was es uns ermöglicht hätte, nicht nur den Iran, sondern auch Israel zu besuchen. Auf Israel hatten wir dann wegen der Eskalation des Konflikts dort jedoch verzichtet… Praktisch waren die zwei Pässe auch bei der Beantragung der Visa, da konnte der eine noch bei der indischen Botschaft liegen und der andere war schon auf den Weg zur nächsten. Und wenn einer geklaut worden wäre, hätten wir immer noch den anderen (idealerweise…). In Sydney hätten unsere zwei Pässe jedoch fast dazu geführt, dass wir unseren Flug verpasst hätten. Ich krame also schnell das zweite Paar Pässe aus dem Gepäck, marschiere zurück zum Schalter und frage, ob hier das Problem liegen könnte. Und: das war’s! Man druckt uns endlich die Boarding Pässe, wir verabschieden uns Hals über Kopf von Jan und Nina und düsen zum Gate – puh!
Dort lernen wir Ruth kennen, die uns mitten in der Nacht eine kleine Wellington Tour geben wird, bevor sie uns in unserem Hostel absetzt und sich auf den Heimweg macht. Eine unglaublich nette Frau, mit der wir uns mal auf einen Kaffee treffen wollen, sobald wir Mitte Dezember wieder in Wellington sind. Am nächsten Morgen geht es dann zu Jules und Mark, für die wir in ein paar Wochen auf Hunde und Haus aufpassen werden. Wir verbringen ein paar schöne Tage mit den zweien; lernen die Stadt, ihre Strände und Parks und auch einige ihrer Freunde kennen.
Und dann geht es für uns nach Gisborne! Dort warten – besagte neun Stunden später – ein Haus, ein Hund, ein riesiger Garten und eine kleine Plantage auf uns.
Zum Glück ist der Herr des Hauses noch einen Tag da und kann uns alles erklären! Die 4000m sind dicht bepflanzt und neben einer ganzen Schar Avocado-, Mandarinen-, Pflaumen-, Fejola- und Zitronenbäume gibt es einen Gemüsegarten, ein Beerengehege und rund um das ganze Grundstück einen ungefähr vier Meter breiten Streifen mit Zierpflanzen. Ein Viertel wird durch eine Bewässerungsanlage versorgt, den Rest werden wir zwei in den nächsten Wochen in liebevoller Handarbeit mit dem Gartenschlauch bewässern.
Dort, wo der Rasen noch nicht von der Sonne vertrocknet ist, muss natürlich auch gemäht werden. Mein ganz persönliches Highlight! Im Eifer des Gefechts versuche ich wirklich jede Ecke mit dem Aufsitz-Rasenmäher zu erwischen (das spart später Handarbeit…), schieße unter so manchem Obstbaum hindurch und tuckere an anderen – die Zweige über mir haltend oder tief gebückt auf dem Mäher liegend – entlang. Das Resultat: ich sehe aus, als hätte mich jemand verprügelt! Blaue Flecken und Schrammen überall!
Ein weiteres Aufgabengebiet: Aniken!
Dieser liebevolle Staffordire Cross wird uns in den nächsten Wochen sehr ans Herz wachsen, auch wenn die erste Begegnung etwas einschüchternd war. Der Gute springt für einen Ball oder etwas Essbares gern so hoch wie Maurice groß ist! Vom Auto angefahren und vor der Haustür des Tierarztes abgelegt, wollte ihn niemand nehmen und so hat ihn unser älteres Pärchen aufgenommen, um ihn vorm vorzeitigen Hundehimmel zu bewahren. Auch wir nehmen uns in den nächsten Wochen ein Herz und bringen unserem temperamentvollen Freund ein paar Kommandos bei und zeigen ihm, wie man an der Leine läuft ohne ein körperlich nicht so fittes Herrchen von den Beinen zu hauen. Ihr merkt, neben unserem ganzen Orga-Kram haben wir ganz schön was zu tun!
Als dann plötzlich mehr Luft als Wasser von der Pumpe am hauseigenen Brunnen gepumpt wird, die Pflanzen zu sterben drohen und Aniken mit einem vollkommen lädierten Nagel aus dem Garten angehumpelt kommt (uns ist bis heute schleierhaft, wie er das angestellt hat…), lernen wir den lokalen Pumpen- und Brunnentechniker und die Tierärztin von Pet Vets schätzen und lieben!
Wir hatten aber natürlich auch viel Freizeit und waren viel an den Stränden in und um Gisborne.
Maurice hat aus dem Treibholz unser erstes Möbelstück gebaut!
Dadurch, dass Christine uns mit ihren Freunden in Gisborne „verkuppelt“ hat und wir uns öfters mal getroffen haben, hat es sich auch fast ein bisschen heimisch angefühlt. So haben wir auch von den lokalen Highlight, wie der Christmas Parade, erfahren:
Man konnte nicht bei allen Teilnehmern erkennen, dass es sich im einen Weihnachtsumzug handelt und die Kamelle ließen auch eher an Karneval erinnern – aber schön war’s natürlich trotzdem!
Wir haben uns auch auf den Weg gemacht, die sehr einsame Küste nördlich von Gisborne zu erkunden. Erste Station war der Cooks Cove Walkway, den wir mit vielen Schafen und einigen Kühen geteilt haben.
Der Weg führt – wie der Name schon vermuten lässt – zur Cooks Cove, einer kleinen Bucht, in der Kapitän Cook ankerte, nachdem er bei seinem ersten Stopp in Neuseeland in Gisborne mit den Maori in Konflikt geriet und ohne Proviant zu erlangen wieder in See stechen musste. Die Bucht, an der Gisborne liegt, nannte er deshalb Poverty Bay (Bucht der Armut).
Nächster Stopp: die nahe gelegene Tolaga Bay, in der sich mit stolzen 660m Neuseelands längster Pier befindet. Die Viehzucht und der Handel mit gefrorenem Fleisch haben der Region früher zu Reichtum verholfen und der Steg wurde gebaut, um die Verladung der Fracht auf große Schiffe zu erleichtern, die die Bucht aufgrund des flachen Wassers nicht erreichen konnten. Keine vierzig Jahre war der Pier in Betrieb, bevor es zu kostspielig wurde, die Schiffe hier zu beladen. Bis heute wird so das Fleisch auf der mittlerweile gut ausgebauten Straße nach Gisborne zum dortigen Hafen geschafft…
Ein weiterer, dem Zerfall überlassener Steg findet sich in der Tokomaru Bay, wo es auch die Ruine einer großen Gefrierhalle zu besichtigen gibt. Mit dem Ausbleiben der großen Schiffe, hat sich auch die Bevölkerung verändert: wie vor der Ankunft der europäischen Siedler in den 20er Jahren leben hier heute wieder fast ausschließlich Maoris.
Neben den vielen, von grünen Hügeln umsäumten schönen Stränden und Buchten war die Rere Rockslide ein absolutes Highlight! Der Wharekopae Fluss fließt hier über ganz flach über recht ebenes Gestein und so bildet sich eine 60m lange und sicher 20m breite natürliche Wasserrutsche – großartig!!!
Ein wenig weiter flussabwärts findet sich ein zwar nicht sehr hoher, aber sehr breiter Wasserfall, hinter dem man wunderbar her laufen kann.
So, genug der Worte und Bilder – bis zum nächsten Mal, dann aus Wellington!